Anna Hirsch Frauenpreis nachgereicht
Heute haben Ina Richter, Roland Döring und Rainer Böhme Heidrun Heinze ihren Frauenpreis übergeben können.
Heidrun gehörte zu einer der drei Preisträgerinnen, die am 8. März 2020 unseren Preis bekommen sollte. Leider war Heidrun zur Reha und konnte nicht an der Verleihung teilneh
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Dr. André Hahn las am Internationalen Frauentag die Laudatio vor:
Heidrun Heinze kenne ich seit vielen Jahren aus dem Büro der Linken in Sebnitz. Leider kann sie, weil sie zu einer Reha weilt, heute nicht hier sein. Wir grüßen sie von hier aus ganz herzlich.
Immer ist die ehemalige Ingenieurin aus Sebnitz freundlich, interessiert am Weltgeschehen, spricht überlegt, leise und unaufgeregt. Als ihr Mann Rolf noch lebte, kannte man sie nur als liebenswertes Duo keine Friedenswanderung ohne diese beiden Wanderfreaks und Naturfreunde.
Heidi ist eine Frau, die zupackt und nicht zuschaut, wenn Hilfe gebraucht wird. Sie liest den Kleinen im Kindergarten vor, hilft in der Kirchgemeinde, ist engagierte Tierschützerin. Als 2015 Geflüchtete in Sebnitz aufgenommen wurden, gehörten Heinzes zu derjenigen, die sofort Hilfe leisteten. Und das war keine einfache Angelegenheit. Es gehörte auch Mut dazu. Eine Großfamilie hatte sie alsbald als Ersatzgroßeltern. Großzügig vom eigenen Besitz zu geben, weil es einem anderen mehr nutzt, als mir selbst das hat Heidi Heinze in einem Maße getan, wie ich es noch nie so von anderen erlebt habe.
Für all das, was Heidi für andere große und kleine Menschen getan hat und tut, hat sie den Anna-Hirsch Preis mehr als verdient.
Aber was hat sie noch in ihrem Leben geleistet?
Einmal erzählte sie mir wie beiläufig, dass sie begeisterte Kletterin war. Wann immer es ging, sei sie mit dem Seil losgezogen ich horchte auf! Leise erwähnte sie ihren furchtbaren Schicksalsschlag von 1990, als ihr Sohn Harald am Pik Lenin in einer Lawine umkam.
Als ich den großen Bergsteigerchronist Achim Schindler nach ihr fragte, geriet er sogleich ins Schwärmen. Diese Heidi sei für ihn Anfang der 60er Jahre als Jüngling das Ideal einer Kletterbraut gewesen! Und ich erhielt von ihm Auszüge aus dem Sächsischen Kletterführer mit den bemerkenswerten Leistungen der da abgebildeten jungen, hübschen Bergsportlerin Heidrun Heinze, geborene Brodahn.
Im vorigen Jahr haben wir hier den Film Gesellinnen am Fels gesehen über Frauen, am Fels, die den Männern kaum nachstanden an Mut und Kletterkunst. Da wussten wir noch gar nicht, dass wir so eine mutige Frau in Sebnitz unter uns haben.
Christian Glaser, ihr Kletterfreund, erzählt über Heidrun Heinze:
Ich kenne Heidi seit Mitte der 60er Jahre, wo sie auch schon kletterte und mit einem Moped KR50 in der Gegend herumfuhr (auch mal damit im Bach landete). Mit der Hochzeit verschwand sie aus dem Blickfeld der Sebnitzer Bergsteiger.
Als Heidi um 1998 von Dresden wieder nach Sebnitz zog, fand sie sofort Kontakt zu den kletternden Sebnitzer Rentnern. Die bewegten sich damals noch auf beachtlichem Niveau. So erreichte sie mit einer großen Truppe im Alter um 60 Jahre und darüber den Teufelsturm über die Talseite. Das war der Schwierigkeitsgrad VIIIa! Heidi war der mütterliche Typ, stellte sich nie in den Vordergrund, überließ die Ziele immer anderen, versorgte uns aber dafür mit zusätzlichen Essensportionen, so dass wir zum Schluss gar keine eigene Verpflegung mitnahmen. Dazu brachte sie auch Bier mit, eine Tradition, die sich ohne sie aber nicht erhalten hat.
Wenn laut meiner Statistik wieder mal ein Jubiläum anstand, hat sie sich auch klaglos eingebunden, wenn es um einen schindigen Riss ging, der Frauen naturgemäß nicht so liegt. Sie konnte aber auch verzichten, wenn es ihr zu schwer vorkam, denn sauber aus eigener Kraft klettern wollte sie die Routen schon.
Ein alpiner Höhepunkt für Heidi war sicher unsere gemeinsame Durchsteigung der Watzmann-Ostwand zusammen mit noch einem Bergfreund. Im sächsischen Fels kam sie immer gut zurecht, hat als Ausnahme im unteren siebenten Grad auch mal etwas vorgestiegen. Meist war sie aber die verlässliche Nachsteigerin. In der Eigenschaft hat sie auch schon mal ihren männlichen Mitstreitern etwas vorgemacht, ohne das herauszustreichen.
So eine Frau, die den Männern am Fels etwas vormachen konnte, haben wir noch nie mit dem Anna-Hirsch-Preis geehrt!
Wünschen wir Heidi recht gute Genesung und Gesundheit und dass ihre Kraft noch lange reicht, sich im Leben ihrer Stadt einzubringen und anderen Gutes zu tun. Mögen die große Menschlichkeit, die sie anderen erweist, auch ihr selbst immer erwiesen werden.